Sdorren 1784 bis 1821
oder
Meine liebste 3xUr-Oma, die clevere blaublümigte, weißblau gestreifte Barbara Wykowska
Das hohe Lied einer intakten, begüterten Familie
Eine Soziologie
X X X drei Kreuze macht am 3. März 1812 die "Schichtgeberin und Landgeschworene Barbara Guttowskÿ gebohrne Wikowsky primo votr Foltin" bei der "Aufnahme eines Verlaßenschafts Inventarii …… über den Nachlaß des …… ab intestato verstorbenen Landgeschworenen Emilius Guttowskÿ" - und die Tochter Eleonora pt Reuter ebenfalls
- »Frauen« halt auf dem Land, ohne Schulbildung damals -
Und was für eine Frau: Die Inhalte dieses Nachlasses von 1812, eines früheren Nachlasses vom 18. September 1784 und der Ausschnitt unten offenbart eine fürsorgliche, liebevolle Mutter, - von 9 Kindern in einer ersten Ehe und 5 Kindern in der zweiten Ehe - und - eine kluge, um- und weitsichtige, clevere Frau.
"Actum Johannisburg den 17 Maerz 1822
Zuvörderst wird bemerkt daß Erblaßerin ein gerichtlich deponiertes unterm 6 tn Januar 1821 eröffnetes Testament hinterlaßen und darin verordnet hat:
daß ihr Sohn Zweiter Ehe, der gegenwärtige Michael Guttowskÿ ihren gesamten Nachlaß, nichts davon ausgenommen, für die Taxe des Inventarii vom 5. Maerz 1812 über den Nachlass ihres zweiten Ehegatten Emilius Guttowskÿ erhalten, und nur die in dem Erbtheilungs Rezeß vom 10. Maerz 1812 ihre bestimmte köllmische Hälfte mit seinen Geschwistern theilen soll."
Nur drei X X X setzt die clevere - inzwischen 68 Jahre alt gewordene - Barbara unter Dokumente, aber das soll bei ihr nicht geschehen, dass sie als Schichtgeberin wie ihr zweiter Ehemann ab intestato - ohne Testament - verstirbt. Sie hat zwei Ehemänner überlebt, 4 Kinder aus der ersten Ehe und nun zwei aus der zweiten Ehe*. Nun will sie, die noch über weitere 10 Jahre das “Guth” verantwortlich geführt hat, ihre Nachfolge gerecht und genauestens geregelt wissen. Ihr zweiter Sohn aus der zweiten Ehe Michael scheint der Garant dafür, dass das von den beiden Vätern Ererbte in deren Sinn erhalten bleibt und weitergeführt wird.
*Der älteste Sohn zweiter Ehe, Emilius Gutowskÿ, ist inzwischen vor ihr "in unverheiratheten Stande" verstorben.
Unsere Gutowski's nach 1784 sind geprägt von dieser Frau, Barbara Wikowsczanka, aus Chmielewen, Barbara gebohren Wykowski primo votr Foltin, schließlich Barbara Guttowskÿ, die zwei große Familien, die ihres ersten Mannes, des Freyschulzen Christian Foltin und die ihres von Turowen nach Sdorren wechselnden zweiten Ehemannes, George Aemilius Gutowski, sowie ein stolzes Anwesen zusammenhält.
Doch dabei wird es - nach ihr - nicht bleiben.
40 Jahre später geht es durch eine andere Mutterliebe*, eine blinde, von deren Schwiegertochter, Katharina Krispinin, rapide bergab. Deren Sohn, Urgroßvater August Gutowski, kämpft ums Überleben und dessen Kinder bewirtschaften den Hof praktisch nicht mehr. Ein Sohn, Rudolf, nennt sich Ökonom, benutzt sein kleines, tumbes Schwesterlein, Lotte (Charlotte), als Matratze und "überzeugt" sich mit der Hinterlassenschaft von vier behinderten Kindern - eins davon, 1894 geboren, ist mein Vater. Im Jahr 1913 werden die 19+65+60 ha Brachland, Wiesen und Äcker für 12.000 Mark von einer älteren verbliebenen Schwester meiner Großmutter verscherbelt.
*Ihr 4. Kind, Ludwig ist behindert, krank, sie setzt "Alles" an seine Pflege, doch stirbt er mit 26 Jahren
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
So fing die Suche nach den Vorfahren im Jahr 1908 an:
"Hurra, ich habe Urgroßeltern!"
Bislang wusste ich nämlich aus der Geburtsurkunde meines Vaters - als dessen Mutter - nur von einer „unverehelichten Wirthstochter Charlotte Gutowski“. Die Heiratsurkunde* der nun verheirateten Charlotte Mursa, vom 15. November 1906 in Wattenscheid, brachte es ans Licht:
"Tochter der Eheleute Grundbesitzer August Gutowski und Amalie geborene Ruchay ---- beide verstorben und zuletzt wohnhaft in Sdorren."
*s. Seitenleiste 1 u.2
Das weckte ein verschüttetes "Ruchay-Aha-Gedächtnis". Im Telefonbuch gesuchte, gefundene und angeschriebene "Ruchay" machten mich auf "den Hassenstein*" aufmerksam. Dort konnte ich auf Seite 98 als die Nachfahren des Adam Christlieb Traugott Hassenstein bald die a) Amalie Ruchay *15.4.1831 in Sdorren und den oo August Gutowski, *30.8.1822, †22.10.1878 in Sdorren. Besitzer und Gastwirt ebd. und deren 8 Kinder finden; darin als (5) die Charlotte Gutowski, *30.11.1867 ebd.
Den weiter oben stehenden Eintrag des mit der Amalie Juliane Sophie Hassenstein oo 2) Johann Foltin und dessen Eltern "Schulz Christoph Foltin und Barbara geb. Wykowska" habe ich zunächst nicht für wichtig gehalten und übersehen.
*s. Seitenleiste 3
In verfilmten Kirchenbüchern der Mormonen, mithilfe einer – wie sich bald zeigte – weit entfernten Verwandtschaft aus der urgroßmütterlichen Ruchay-Linie fand ich nach und nach bruchstückhaft heraus, dass die "Gutowski" von 1785 bis um 1900/1913 in immerhin 4 Generationen in Sdorren am Sextersee gelebt haben.
Vom "Archiwum Państwowe w Olsztynie" (Allenstein) erhielt ich schon im Jahr 2008 zwei einzelne Seiten aus Grundbuchakten, deren Datumsangaben ich falsch zuordnete und interpretierte.
s. Seitenleiste 4 u. 5
Schon da faszinierten mich
"die Wittwe Barbara gebohrene Wikowsczanka" mit "ihren 5 Unmündigen Kindern"
und
die "Wittwe Barbara Guttowskÿ geboren Wikowskÿ primo votr Foltin wie den Erben Geschwister Guttowskÿ", die ich vermeintlich für zwei verschiedene Barbaras hielt.
Die erste Barbara war eindeutig dem 18. September 1784 zuzuordnen, weil da der "Freÿ-Schultze Christian Foltin" und "die Theilung vorgenommen und der Nachlaß gehörig inventiert und taxiret" wurde.
Der Sinn der 2. Kopie bliebt rätselhaft.
Die kompletten Grundakten bekam ich erst im Mai 2010 direkt im Archiv Allenstein/Olsztyn.
Die Barbara Wykowska/Wikowsky/Wikowsczanka - wer ist sie überhaupt, woher kommt sie?
Ein Geburtsdatum habe ich nicht gefunden, nur errechnet:
bei ihrer 2. Hochzeit im Jahr 1785 ist die Barbara 30 Jahre alt - 1785 minus 30 also um 1755 geboren
Von einer offiziellen Familienforscherin, Marianne Stanke, Bonn, bekam ich kurze Nachricht aus dem Kirchenbuch Eckersberg - Trauungen - 1771:
Wykowski Barbara, Jungfrau aus Chmiellewen, oo Eckersberg 28.11.1771 Michal Foltin aus Sdorren
Wykowski Sophia, aus Gutten; oo Eckersberg 28.11.1771 - Gan Michael, aus Lissuhnen
Hier zunächst aber KB Eckersberg vom 12.2.1767
Ich lese:
Pater Andreas Wykowski, Mater Sophia Schultzin filia Maria
posthum: nat d. 5tn, ren: 7ten Febr. Susc. H. Michael
Wykowski Schulz, Michael Korsukowski Glöckner
Anna Maria Zytnianka Maria Formanakowna
Der Vater, Schultz Andreas Wykowski "posthum": - war also bei der Geburt seiner Tochter Maria am *5.2.1771 - posthum: - schon verstorben.
Dann KB Eckersberg vom 12.2.1767
Ich lese:
dem Andr. Wykowski neuem Schulzen ist von seiner Ehn: Gattin Sophia
Schulzin d 12tn Febr. √……√ ein Sohn gebohren, welcher Dom: Septuag.
in der Heil. Taufe Johann* benennet worden Suscept Barthek
Gorcki arsecurrant, Albrecht Zymni Schulz, Adam Zymni des Vo-
rigen Sohn, Anna Zymna Schulzen Frau
Der unten am 12. Februar 1767 geborene Bruder der Barbara, Johann*,
oder der weiter oben als Pate genannte Schultz Michael Wykowski**
könnte beim Tod vom 1. Ehemann der Barbara, Christian Foltin im Jahr 1784, der beim Erbrezess assistierende "leibliche Bruder" gewesen sein.
*"in Aßistenz ihres leiblichen Bruders (Johann - Michael ?) Wikowskÿ köllmischer Einsamster in Gutten Arisschen Amts"
ein 1767 geborener Johann Wikowski muss ein anderer "Johann Wikowski" gewesen sein:
Wikowski Johann, Witwer, Wirt in Gutten, 46 J.,
oo Eckersberg 27.12.1842 mit Strupek Louise, Jungfrau aus Gutten, 26 J., einzige T.d. verst. Köllmer Johann Strupek
**Michael Wykowski ist am 2. November 1828 im Alter von 65 Jahren
an "hitzge Kr." (hitziger Krankheit) gestorben - also *1763
**Wikowski Michael, Köllmer, oo Eckersberg 22.11.1794 Sowitzki Buscha (Barbara), 22 J.
Zitat aus APG 25, S.156:
"Bei der im Jahre 1731 angelegten Mädchenschule in Johannisburg, stehet von da an als Lehrer Andreas Wikowski aus Gutten im Kirchspiel Eckersberg bisheriger Studiosius Theologiä."
bei der Taufe eines Daniel Dazio aus Sdorren am 10.10.1734 ist ein H Andreas Wykowski Collega Taufpate an 1. Stelle
bei der Erbhuldigung im Jahr 1690 (hier noch Amt Rhein) ist Jan Wykowski Schulz von Gutten
1751 wird einem Jann Wikowski - mit 1 Frau, 1 Sohn und 2 Töchtern in Gutten (Amt Aris) 2 Hufen Land mit 3 Freijahren von den "Cammern" verliehen - Wert 44 Reichstaler - s. Kolonistentabellen APG 21, S.238
lt. XX. HA Ostpr. Fol. 15548 Ksp. Eckersberg, Dorf Gutten
ist Schulz Jan Wikowski der erste Besitzer, "dem das Privilegium oder die Verschreibung ertheilt worden"
und der jetzige Besitzer Mich. Wykowski "ererbt"
(? Ludwig u. Wilhelmine Receß über die Aufhebung der Wykowskischen Ehe- Freibauholzberechtigung vom 12. Juni 1855 ?)
Ich lese:
M.ael Gan aus Lyß…… Kess'schen Kirchsp. mit Witwe Sophia Wykowskin in der Kirche d. 28ten Nobr.
*Christian Foltin aus Sdorren Joh: Kirchsp. mit Jungfer Barabara Wykowskin in der Kirche e.d.
Eine Doppelhochzeit zweier Wykowski-Damen also
So habe ich aus Kirchbuchauszüge verblüffende Erkenntnisse und Einblicke in familiäres Freud und Leid erhalten, aus denen sich zwischen den Zeilen viel ablesen - und - mitfühlen lässt.
Die Doppelhochzeit in Eckersberg, Gutten E, im Hause Wykowski, Ende November 1771 war die von Barbara's Mutter: Sophia Schultzin und Tochter Barbara.
Ein am 1. Oktober 2010 gefundener Kirchenbucheintrag aus Sdorren im Kirchspiel Johannisburg bringt Klärung wegen der "2" Barbara:
Es ist der Heiratseintrag des nunmehr 3x-Urgroßvaters George Aemilius Gutowski, des zweiten Ehemannes der Barbara.
Es gibt also nur "1" Barbara Wykowska/Wikowsky/Wikowsczanka
und die war in Sdorren zweimal verheiratet:
mit dem Cöllmischen Frei-Schultzen Christian Foltin *um 1745 - †18.09.1784*
und
mit dem George Aemilius Gutowski/Guttowsky *um 1757 - †06.03.1812*
*oder - beide sind jeweils 1 Jahr früher gestorben,
geht man davon aus, dass der "Nachlass" immer ein Jahr später erstellt wird.
Darin wird auch gleich der Name von dessen Vater, Landgeschworener Michael Gutowski, aus einem anderen weiter süd-östlich gelegenen Kirchspiel Kumilsko, dem Dorf Turowen, erwähnt.
Damit ergab sich, dass eine weitere Suche nach Vorfahren in einem größeren geographischen und geschichtlichen Umfeld zu geschehen hat.
Der unleserliche Eintrag ist wahrscheinlich vom November 1785* datiert.
*nach meinem Gedächtnis, aber nicht notiert i..KB Trauungen von 1785 …………? Dom, 25. p Tr. ………………procl.………… lt. Dom, 25. p Tr. 1785 lt. http://www.http://kirchenkalender.com/:
im Jahr 1785 ist der 25. Sonntag nach Sonntag Trinitatis (Dominica Trinitatis) der 13. November 1785
der 1. Sohn der Beiden, Emilius, wird am 30. März 1786 (!) geboren
George Aemilius Gutowski Młodcienied (poln. etwa „Junggeselle“) ein Sohn des Michael Gutowski *1
ein Landgeschworener aus Turowen*2 Kumilskofschen Kirchspiels
28 J alt. mit Barbara Wykowscanka ……?
Witwe des Schultzen Christian Foltyn 30 J alt ……?
…………? Dom, 25. p Tr. ………………procl.…………*3
*1 der Vater, Michael Gutowski, taucht am 20. August 1752 in Turowen "& Conjux", also verheiratet, erstmals auf
am 13. November 1785 ist der Sohn, George Aemilius, 28 Jahre alt.
1785 minus 28 = *1757, da ist Michael Gutowski schon 5 Jahre verheiratet.
George Aemilius Gutowski muss also nicht zwangsläufig der älteste Sohn des Michael Gutowski sein.
*2 heute Turowo, Powiat Piski, Ermland-Masuren
*3 =13. November 1783
Auf den KB-Seiten davor und und danach ist viel von "ehrbaren Jünglingen und ehrsamen Jungfern“ die Rede. Die auch bei einigen anderen Heiratseinträgen benutzte polnische Bezeichnung "Młodcienied", Junggeselle, des immerhin schon 28 Jahre alten George Aemilius Gutowski aus dem benachbarten Kirchspiel und dessen Ort "Turowen Kumilskowschen Kirchspiels" kann Anspielung auf seine ausschließlich Polnische Sprache sein. Somit habe ich heute jedenfalls schon einmal Gewissheit auch über den väterlichen 3xUrgoßvater und auch über dessen Vater, Michael.
Das Geburtdaten von George Aemilius kann ich nur schätzen: *1757, das von Michael weiß ich heute: *23. September 1729.
In welche – über 4 Generation vorher in Sdorren nachgewiesene – Familie des Freÿ Schultzen Foltin, der George Aemilius da hineingeheiratet hat, geht aus den studierten Kirchenbüchern und den noch zu beschreibenden Nachlässen hervor.
Was aber die im Archiwum Państwowe w Olsztynie/Allenstein 2009 nun vorgefundenen und komplettierten Erb- und Verlassenschafts-Dokumente aussagen, spricht für einen ungewöhnlich großen Besitz sowohl an Land und Vieh als auch an Lebenskultur. Dieser scheint 3 Generationen bzw. weniger als 100 Jahre später aufgegeben zu sein und der Rest wird 1913 von der Tochter Marie des Urgroßvaters August Gutowski verhökert.
Im Jahr 1784 ist unsere blaugeblümte oder auch blauweiß-gestreifte Wittwe Barbara also 30 Jahre alt und hat seit ihrer Heirat am 28.11.1771 in den 13 Jahren ihrer Ehe mit dem Christian Foltin bis dahin schon neun Kindern das Leben geschenkt - und - vier Kinder wieder verloren!
Vier Kinder sind offensichtlich schon im Kindesalter verstorben:
1. Michael *1772, 3. Julia *1776, 6. Anortha *1779 und 7. Barbara *1780
Im "Inventarii" vom 18. September 1784 werden noch fünf Kinder, der Jüngste 6 Wochen alt, erwähnt.
2. Catharzyna Foltinowna*2 *18.01.1774 1784 11 Jahre alt † nach d. 27.3. 1822
3. Johanna Foltinowna*3 *ABT 1775 1784 9 Jahre alt † vor d. 27.3. 1822
5. Justina Foltinowna*4 *14.01.1778 1784 7 Jahre alt † nach d. 27.3. 1822
8. Lovisa Foltinowna *22.01.1782 1784 3 Jahre alt † nach d. 27.3.1822
9. Johann/Jan Foltin*5 *11.08.1784 1784 6 Wochen alt † nach d. 27.3. 1822
* beim Tod von Christian Foltin unter "Tit. 1 An Briefschaften und Dokumentis" erwähnt:
1 Theil. Invent. nach dem verstorbenen Jan Foltin vom 28. Maerz 1711 mit 60b mit beÿgefügter Berechnung zwischen deßen Erben vom 12. Junÿ 1724 - und -
1 Theilungs Inventarum vom 31. Januar 1748 in duplo nach dem Paul Foltin
*2 2x ? in Gr. Kessel oo mit einem Pißowockÿ und einem Adam Skok
*3oo Köllmer Raphael Skrobucha
*4 oo Gottlieb Gardeng "aus der Stadt"
*5 oo 29.12.1807 Amalie Juliane Hassenstein *20.08.1779.
So sind sie in der Folge meine 3x Urgroßeltern urgroßmütterlicherseits
- deren Tochter Karoline Wilhelmine Foltin, *28.07.1810, heiratet einen Friedrich Ruchay, *21.01.1801,
und deren älteste Tochter ist meine Urgroßmutter Amalie Ruchay, *15.04.1831, um 1850 verehelicht mit dem August Gutowski, *30.08.1822
Wie ich auf die clevere, blaublümigte, blau und weiß gestreifte 3xUr-Oma aus Gutten E komme?
"Clever" drängte sich schon früh auf, als ich von der "Jungfrau aus Chmiellewen*" erfuhr, Tochter eines benachbarten "Schulzen" und einer "Schulzin", die am 28.11.1771 den "Freÿ-Schultzen" Christian Foltin geehelicht hat, - man heiratet standesgemäß -
und später von der "Schichtgeberin Landgeschworenen Wittwe Barbara Guttowskÿ gebohrne Wikowskÿ primo votr Foltin". Hat doch die etwa im Jahr 1755 Geborene und bei der Heirat im November 1771 gerade Sechzehnjährige nicht nur 14 Kinder bekommen und zwei Ehemänner überlebt, sondern danach auch das Amt eines Landgeschworenen des verstorbenen zweiten Ehemanns und ist nun "Geberin" ganz und gar einer nicht unbedeutenden "Schicht" **.
Seit ich die vom Archiwum Państwowe w Olsztynie mitgebrachten Kopien der "Nachlass-Inventarii", eben der "Schicht", von Christian Foltin, Aemilius Guttowskÿ und eben dieser Barbara gelesen habe, geben diese umfangreichen Dokumente Aufschluss über den Besitz und die damalige Besitz-Kultur.
Hier etwas ausführlicher Auszüge des ersten "Nachlass-Inventarii" von 1784.
Da werden beim Christian Foltin im Tit. 1 "An unbeweglichen Gütern und liegenden Gründen"
2 1/4 Hufe – nach späterem preußischen Maaß umgerechnet *** 67 1/2 Morgen – Schulzen Grund und weitere 30 Morgen Wiese aufgelistet. Diese werden zusammen mit dem Folgenden so bewertet:
Nach dem Theilungs-Inventarii vom 14ten Februar 1771:
2 1/4 Hufe Schulzen Grund allhier
1 Hufe Werder am See Sexter, 1 Scheune auf selbigen Werder
1 Werder Beglowitz genannt mit allen dazu gehörigen Garten und Wiesen
25 Morgen Wiese in Glembowen, oft der Ueberschmemmung unterworfen
1 altes Wohnhaus so baufällig u. neu gebaut werden muß m. gemauerten Schornstein,
1 ganz alte und fast unwohnbare Schaluppe,
1 gute Scheune von 100 Fuß lang und 23 Fuß breit,
1 guter Schuppen 70 F. lang,
1 alte Schuppe mit einer Unterfahrt
100 Stück neues beschlagenes und theils durch schnittenes Halb-Holz,
9 stk fertig geschnittene Bretter, noch
20 stk geschnittene Bretter
Summa 428 rt 60 gr
Solch landwirtschaftliche Flächen können nur mithilfe der Knechte Adam Urban, Michael Malckak, den Mägden Golumbitzanka und Annortha Kempkeitzowna und dem Instmann Martin Jeoztrzemskÿ
und wahrscheinlich auch der Brüder Paul und Andreas Foltin bewirtschaftet werden.
Vor (!) dem Besitz an Vieh Tit. 15 hier ein schneller "Aha.Blick" in Tit. 11 "An Leinenzeug und Betten":
1 zweÿschläfrig Oberbett mit blaublümigten Unterzeug
1 zweÿschläfriges dito mit blau und weiße streifigem Bezug
3 Stk Unterbetten
3 Stk Kißen mit blau und weiß str. Bezug
4 Kißen ohne Bezug
2 feine 3 grobe Bettlaaken
2 Tischtücher
2 Handtücher
an Gesinde Betten
1 schwarz bunte Deke
Suma 14 rt 72 gr
*heute glaube ich, dass "Chmiellewen" ein Irrtum einer Familienforscherin war. Gutten E könnte richtiger sein.
*2 Ein Schichtgeber / eine Schichtgeberin ist der Haupterbe / die Haupterbin, der / die das Erbe (= die Schicht) mit den erbberechtigten Nacherben (Schichtnehmer) teilen muss
*3 s. http://de.wikipedia.org/wiki/Hufe
„Das Wort Hufe bezeichnet ein landwirthschaftliches Gut, welches mit einem Pfluge bestellt werden kann
und demnach der Arbeitskraft einer Familie entspricht.“
Die korrelative Fläche wurde von Anfang des 9. bis ins 19. Jahrhundert hinein meist auf rund 30 Morgen veranschlagt. Großbauern konnten mit Hilfe von vielen Knechten und mehreren "Gärtnern" auch 60 oder gar 120 Morgen bewirtschaften.
Nachdem "die Theilung vorgenommen und der Nachlaß gehörig inventiert und taxiret" wurde, kommt ein Passus, in der die besondere Liebe meiner cleveren, blaublümigten, blau und weiß gestreiften 3xUr-Oma für das "Feine" zum Ausdruck kommt:
Schichtgeberin hat sine tipa an Betten für sich behalten
1 blau und weiß streifig bezogenes Oberbett
1 Unterbett
3 blau und weiß streifig bezogene
1 Bettlaken - Kießen
Genau so fein sieht es bei Tit. 13 "An Kleidungsstücken" im "eichenen Kleider Schaff" oder dem "Winkel Schaaff " - erst für IHN und dann für SIE aus:
1 alter blauer Mannsrock
1 dito dito Hausarbeit
1 blauer Manns Peltz
1 blaues Pelz Kammisohl
1 paar tuchene blaue Lein Kleider
1 schwarz baranquene braun Mütze mit Mifchen Colpiek
1 grün samtene kl. Pelz Mütze
1 rothe alter Brauner Pelz Mütze
1 Huth
Frauens Kleider
1 roht streifiger Kommelothen - Frauens Rok
1 bunt zakkigter dito
1 gelb taftene Joupn
1 blau damastener Frauens Pelz Mantel
1 bunt krillmirke zakkigter Frauens Rok und Joupn
1 litzene Cartune Schürze
1 schlechte Schürze Hausarbeit
8 st: Hemde a 30 gr
1 roth Silber Reifen
1 grün blümigte dito / Frauens-Haube
1 roth buntes Sandenes dopgelbes Fr. Hals Tuch
1 kartunes Frauens Halstuch
Suma 28 rt 75 gr
Eben so genau und in farbige Details gehend wird in
Tit. 9 "An Gläserimd Irdene Geschirr",
Tit. 10 "An Zinn, Kupfer, Metall, Blech und Eisen",
Tit. 14 "Wagen und Geschirr"
unter
Tit. 15 "An Vieh und Pferde" aufgelistet:
1 alter fuhßiger Wallach 10 Jahr
2 dto fuhßiger mit dem Bläße
1 alt fuhßiger Stute mit dem Fohlen
1 helbraune Stute
1 helbrauner Wallach
1 braune Stute mit dem Fohlen
1 schwarze Stute
2 einjährige Hengstfohlen
2 dto Stut Fohlen
1 rother Ochs 9 Jahr alt
2 - - - dto - - -
1 hellrother Ochs
1 halb weiß halb rother Ochs
1 rothner weißer Ochs
1 ganz hellrothr dto
1 rothner weiß bunter Ochs
1 weiße Kuh
1 dto dto
1 weiß bunte
1 rothe Kuh
1 roth bunte dito 6 Jahr
1 ganz rothe
1 rothe mit 1 Horn
1 ganz schlechte roth bunte Kuh ist zur Hochzeit ausgesetzt
3 zweÿjährige Lehrochsen
3 dito Stärke
4 einjährige Stier
1 dto Stärke
6 diesjährige Kälber
4 diesjährige Lehr Ochsen
2 Kühe
24 St. alte Schaafe
18 st. diesjährige Lämmer
8 st. Mittel Schweine
12 - Ferkel
2 - alte Gänse
2 dto Kurren
6 alte Ziegen nebst Böke
8 junge Ziegen a 22 gr
Summa 184 rt
fehlt noch Tit. 16 "An Getreide in der Scheun" ( NB Kartoffeln werden nicht benannt )
60 Schok Korn a 3 Schef pro Schok 180 stk
und a 36 gr p stk
12 Schok Gerst
10 Schok Haaber a 4 stk
8 Erbsen
Summa 100 rt
und Tit. 17 "An vermischte Waaren zum Handel und Gebrauch":
10 Stük beflogene Bienen
8 junge dto
9 ausgearbeitete Pelz Schaaffelle
Summa 9 rt 75 gr
Welchen Vermögenswert alles zusammen darstellt und in welchen Größenordnungen die verschiedenen Teilbereiche zueinander stehen, geht aus der "Recapitulatio" hervor:
ad Tit. 1 An unbeweglichen Gütern und
liegenden Gründen 428 rt 60 gr
- ausstehende Knecht Schuld 6 -
Latus 434 rt 60 gr
ad Tit 9 An Gläser und irdenes 1 - 60 - - -
- 10n Zinn, Kupfer pp 22 - 38 - - -
- 11n Leinenzeug und Betten 14 - 72 - - -
- 12n Meubles und Hausgeräth 11 - 30 - - -
- 13n Kleidungstücke 28 - 75 - - -
- 14n Wagen und Geschirr 16 - 12 - - -
- 15n Vieh und Pferde 184
- 16n Vorräthigen Getränk 100 -
- 17n vermischte Waaren 9 - 15 - - -
Summa 823 rt 62 gr
Dies alles lässt einen tiefen Blick in die "Soziologie" der Zeit im 1784, das Leben, die Arbeit und die Kultur der Familie Foltin tun, in die nun der George Aemilius Guttowskÿ im Jahre 1785 hinein heiratet.
Und gleich muss er seine vor kurzem geheiratete Braut vor Gericht darin vertreten:
Actum Justiz Amt Johannisburg den 3 Maerz 1786
"Zu dem zur Berichtigung des vorliegenden Christian Foltischen Inventarii vom 18 September 1784 auf heute festgesetzten Termin ist zwar die Schichtgeberin Barbara geborne Wikowskÿ modo verehel. Gutowskÿ ausgeblieben. In ihrer Stelle aber ist ihr Ehemann, Aemilius Gutowskÿ, erschienen, er entschuldigt das Ausbleiben seiner Ehefrau mit Krankheit und will in dieser Erbschafts Angelegenheit ihre Stelle so vertreten, als wenn sie selbst hier zur Stelle wäre.
Auch ist der Salz Ausreuter, Herr Tomasiewskÿ, als Vormund derer fünf Christian Foltinschen Unmündigen erschienen.
Vernächst mit Hinzuziehung derer Intereßenten des Inventariums examinando durchgegangen und nach dem von ihnen durchgehends genaues Activa genehmigt worden exdaridiert wird.
Die Summa des Inventarii ist 833 rt 62 gr
hiervon sind abzuziehen
a die Paßiva des Inventarii 102 rt 36 gr 15 --
b die rückständigen Erbtheile, welche die
Brüder und Schwester des Defi aus dem Exi-
risions Regreß vom 28. Februar 1771 noch zu
fordern haben, als
1 die Adam Foltische Wittwe und Erben noch 43 rt
2 Martin und Esther Foltin
das Ihrige schon weg haben
2 Anna Dorothea verehel. Penski
hat noch zu fordern 8 rt 11 gr 3 3/8
3 aber Paul Foltin 81 - 71 - 3 3/8
c die Gerichtskosten als
p. Intorio 46 - 9 -
p. Exdiriscione 60 -
p. Confirmat et jegrosthal 1 - 60 -
p. Extradet et vidimat 48 -
p. Copia 20 -
239 rt 23 - 1 3/8
Blieben zu vertheilen 584 rt 38 gr 5 1/4 -
Hiervon bekommt die Schichtgeberin die
Hälfte mit 292 rt 19 gr. 2 3/4
und den fünf Unmündigen die zweite
Hälfte mithin erhält ein Jedes von Ihnen á 58 rt 39 gr 15 -
zum väterlichen Erbtheile
Schichtgeberin, welche consensu des Vormundes in dem eigenthümlichen Besitz des sämtlichen Nachlaßes bleibet, und ihr allhier gegenwärtiger Ehemann, machen sich verbindlich die Kinder für die Intereßen von ihren Antheilen in Kost und Kleidung zu unterhalten und für sie anständig und geistlich zu erziehen.
Vormund verspricht darauf fleißig zu sehen.
Womit dieser Exdarisins rezeß geschlossen und von denen gegenwärtigen Intereßenten durch Mit Unterschrift genehmigt wird.
In der nun 2. Ehe der cleveren, blaublümigten, blau und weiß gestreiften Barbara mit dem George Aemilius Guttowskÿ werden nun nochmals 5 Kinder geboren:
10. Emilius Guttowskÿ *30.03.1786 † vor dem 03. 03. 1812
11. Michael (Wilhelm) Guttowskÿ *07.12.1787 † vor dem 02.03. 1831
oo Catharina Crispin (Krispinin) *?
12. Eleonora Helene Guttowskÿ *04. 12. 1789
oo Johann Ruchay Soldat/Schulz *18.06.1790
13. Carl Ludwich Gutowski *04. 7. 1792 † vor 1812
14. Wilhelmina Friderika Gutowski *27. 8. 1793 † vor 1812
Bevor ich den Landgeschworenen George Aemlius Guttowskÿ aus Turowen endlich fand, hatte ich einen J. J. Gutowski *, aus Czymochen im Visier, der Pfarrer werden wollte,
dann aber vermögend (!) geheiratet hat.
Nun hat die Geschichte unserer Gutowski-Familie direkt keinen Pfarrer im Stammbaum. Dafür aber den echten George Aemilius aus Turowen. Er hat also wirklich vermögend geheiratet, aber nicht dies, sondern kommt selbst aus Turowen mit einem reichen Erbe.
*„Jakob Gutowski hatte drei Kinder. Der Sohn studierte, die Töchter waren noch daheim.
Die Pfarrstelle in Kutten wurde 1777 dem Kruglanker Diakon Jakob Gutowski gegeben,
der schon seit 1756 - also schon 21 Jahre - hier saß.
Vorher war er Rektor in Kruglanken Kruklanki, davor – also noch vor 1756 - Schulmeister in Johannisburg - aha !
Und ich lese auch in der Altpreußische Geschlechterkunde Neue Folge Band 14 S. 117:
„Die Witwe und eine ledige Tochter gingen nach Gutowskis Tod nach Kallinowen, wo nun Pogorzelski lebte,
dort heiratet Michael Pogorzelski diese ledige, ältere Tochter Rahel * ca. 1757
und wo der zweite Pfarrer Jungfer Gutowski heiratete,
Esther, die Jüngere der beiden Schwestern heiratete später den jungen Diakon J. K. J. von Bergen - s.o. Rautenberg während der Sohn Gutowski dort Rektor wurde.
Die beiden Pfarrer starben kurz hintereinander, und die Witwen saßen mit den Kindern unversorgt da."
und auf S. 124: „Es gibt dann noch eine andere Art des Ausscheidens aus dem Dienst - man wechselt die Arbeit oder, wir denken an den Schwager von Mich. Pogorzelski: Gutowski, man heiratet auf einen guten Hof.“
Diesen "guten Hof" in den man vermögend einheiraten kann, hätte ich …… ab September 1784 anzubieten:
Im Jahr 1784 wird nämlich eine Barbara Foltin, gebohren Winowskÿ, zunächst einmal Wittwe …………
Die clevere blaublümigte, weißblau gestreifte 3xUr-Oma Barbara
und der Turower Landgeschworene George Aemilius Guttowskÿ in Sdorren
Schließen kann ich auf das reiche väterliche Erbe wiederum nur aus dem "Verlassenschafts Inwentarii und eventualiter zur Anlegung der Erbtheilung über den Nachlaß des hierselbst ab intestato verstorbenen Landgeschworenen Emilius Guttowskÿ" vom 5. Maerz 1812.
Dort wird - 28 Jahre später – im Tit. I "An unbeweglichen Gütern und liegenden Gründen" zunächst das seit 1784 bekannte Anwesen des verstorbenen Christian Foltin genannt.
1 Ein hieselbst belegenes aus 2 ¼ Huben* bestehendes köllmisches
Grundstück welches mit einem mittelmäßigen Wohnhause
2 Scheunen nebst Stall einem neuen Stall mit 3 Abtheilungen
einem alten Stall nebst Abtheilungen einer Schaluppe nebst Stall,
einem dabey stehenden Stall einer alten Schaluppe und einem Stall
bebaut ist. Dieses Grundstück wird mit Zustimmung der Interessenten
auf 634 rt *2 57 gr *3
gewürdigt,
2. Ein aus Einer Hube bestehender Werder *4 / *5
wird auf 160 rt
gewürdigt
3 Eine separat belegene Hufe Beglowskÿ genannt 67 rt
4 25 Morgen Wiesen auf Glembowo 50 rt 30 gr
Latus 911 rt 57 gr *6
Bis dahin sind die "Grundstücke und liegenden Gründe" schon vom Frey-Schultze Christian Foltin bekannt. Nun aber kommen vom väterlichen Erbe des Aemilius aus Turowen hinzu:
5 ½ (!) Hube Krugland 42 rt 48 gr
6,3 (!) Huben köllmisch auf Thurowen 400 rt
Summa 1353 rt 45 gr
* http://de.wikipedia.org/wiki/Hufe Die Hufe, in Süddeutschland Hube genannt,
ist ein altes, relativ großes Flächenmaß. Typischerweise beträgt es dreißig Morgen,
also entsprechend etwa sechs bis achtzehn Hektar.
In Preußen entspricht 1 Hufe/Hube 30 Morgen, bzw. 180 Quadratruten oder 144 Quadratfuß = 7,6597 Hektar.
„Das Wort Hufe bezeichnet ein landwirthschaftliches Gut, welches mit einem Pfluge bestellt werden kann und demnach der Arbeitskraft einer Familie entspricht.“ Die korrelative Fläche wurde von Anfang des 9. bis ins 19. Jahrhundert hinein meist auf rund 30 Morgen veranschlagt. Großbauern konnten mit Hilfe von vielen Knechten und mehreren Zugtiergespannen auch 60 oder gar 120 Morgen bewirtschaften.
Allein das Foltinsche Erbe aus 2 ¼ Huben entspricht also ~17 Hektar. Dazu kommen dann die auf den folgenden Seiten genannte 1 Hube „Werder“, die „separat belegene Hufe Beglowskÿ genannt“ und 425 Morgen Wiese,
5 ½ Hube (165 Morgen) Krugland und – sehr wahrscheinlich das Erbe von George Aemilius’s Vater Michael Gutowski aus Thurowen – kommen 6,3 Huben (entspr. 189 Morgen) köllmisch auf Thurowen dazu.
Ohne die 425 Morgen (?) Wiesen, das Brachland (?)(30 Morgen) im „Werder“, die 5 ½ Hube (30 Morgen) „Krugland“ und die Wiesen der "Wittwe Maloni" „Glembowo“ in Kl. Keshel sind das – aber einschließlich des Erbes vom Vater in Thurowen (~48 ha) beachtliche 73 ha zu bearbeitende „Äcker/=Fußballfelder“. (1 ha (100x100m) = 100 a = 1 hm² = 0,01 km² = 10.000 m² also 0,73 km²)
*1 http://de.wikipedia.org/wiki/Taler Der preußische Reichstaler bildete bis Ende 1871 die Geldeinheit von beinahe ganz Norddeutschland und wurde zuerst in 24 Groschen und dann ab 1821 in 30 Silber-Groschen unterteilt.
*2 http://de.wikipedia.org/wiki/Groschen Unter anderem gab es in Preußen des 19. Jahrhunderts den Silbergroschen (Sgr.) zu 12 Pfenningen
*4 möglicherweise sind dies die 1823 bei Michael Gutowski genannten „114 ½ Ruthen preußischen Maaßes Spirdingswerder genannt“ (1 Hufe = 30 Morgen, bzw. 180 Quadratruten)
*5 http://de.wikipedia.org/wiki/Werder_(Landschaft) Der Werder (seltener auch das Werder), auch Werth ist eine topografische Bezeichnung, die überwiegend auf Inseln als auch für zwischen Flüssen und stehenden Gewässern gelegenes Land, sowie für eingedeichtes oder aus Sumpf trockengelegtes und als Moorbesiedlung urbar gemachtes Land gebraucht wird. In Namen finden sich noch -wörth, -ward und ähnliche Formen.
*6 im Nachlass-Inventarium des verstorbenen Christian Foltin von 1884 wurde dieser Tit. I bei praktisch gleichen Ländereien noch mit 428 rt 60 gr bewertet - allerdings mit einem "alten Wohnhaus so baufällig und neu gebaut werden muß"
Ob in den 28 Jahren der Ära Barbara & Aemilius Guttowskÿ ein neues "mittelmäßiges Wohnhaus" gebaut wurde, bleibt offen.
Ob und wie die nun größer werdende Foltin- und Guttowskÿ-Kinder-Familie, den möglicherweise mit nach Sdorren übergesiedelten "Turower-Gutowski-Geschwistern/Verwandten" samt den sicher ganz selbstverständlichen im "Verlassenschafts Inwentarii" von 1812 aber nicht mehr explizit genannten Knechten, Mägden und Instleuten diese mehr als auf's Doppelte angewachsenen landwirtschaftlichen Flächen bei immerhin 30 km Entfernung zwischen Sdorren und Turowen nur mit Pferden und Ochsen bewirtschaftet haben, kann ich mir zunächst nicht erklären,
ist auch nicht einfach zu erklaren - s.u..
Eine Erklärung könnte in dem Verlassenschafts-Inventarii und darin der Erbteilungs-Aufstellung, besonders in dem dort genannten "Theilungs Rezeß über den Nachlaß des Michael Gutowskÿ aus Thurowen vom 17 Julÿ 1804" verborgen liegen. Hier tauchen unter Punkt 6 bis 8 erbberechtigte Verwandte auf, die mit der Verteilung des Turower Erbes des Aemilius in Zusammenhang gebracht werden können.
Da gibt es den sog. "Theilungs Rezeß über den Nachlaß des Michael Gutowskÿ vom 17. Julÿ 1804", den ich bisher nicht auftreiben konnte.
Ich rekapituliere und spekuliere danach:
1. Puzzle-Teile
1718 APG 25 S. 101 im Generalhufenschoß von 1718
1. H: Schoß Einnehmer Christoph Hoffmann 7 H, 10 M
2. H: Oberlandschöp Reinke 6 H
7. Jann Sczesny 2 H
"Opa" Michael Gutowski, *21.09.1729, taucht im Jahr 1752 "Dom. 12" (=20. August) als 23-Jähriger
als H Gutowski & conjux (= Gemahlin - ? oo Juliana Sczesny ?) lt. den Listen der "Abendmahlsgäste in Kumilsko" erstmals in Turowen auf, ist - zumindest 1785 - Landgeschworener und hat - so die Annahme -
in dieser Eigenschaft 6 Huben Land - ? die des Oberlandschöp Reinke ? - von 1718 erhalten.
1763-1769 / PT Johbg 1
Seite 59/60 6. Andres Sczesny (keine Angaben)
7. Matthes Sczesny (keine Angaben)
15. Michel Guttowskj (keine Angaben)
1769 wird ein Matthes Guttowski als (neu installierter) Königlicher Berittschultze mit Hauptsitz in Thurowen erwähnt, Bruder des Michael ?:
1766-1767 / PT Johbg 3
Seite 105/106 F. Andres Sczesny 1 H, 15 M
P. Michel Guttowsky 6 H, - - *
R. Maczk Krispin 3 H, 22 M, 159 R
* um 1767 sind es 6 Huben Land-Besitz
1775-1781 / PT Johbg 4
Seite 66/67 6. Andres Sczesny 3 H, 9 M, 47 R
7. Mathes Szesny 1 H, 19 M, 172 R
15. Michel Guttowskÿ 5 H, 19 M, 285 R*
17. Maczk Krispin 3 H, 16 M, 66 R
* der Besitz ist um 1780 nur ganz geringfügig kleiner geworden
1775-1781 / PT Johbg 4 / Mühlen-Consignation:
2. Maczk Krispin: 2 Wirthe, 0 Söhne, 3 Töchter, 1 Knecht, 1 Sohn unter 12, 2 Töchter unter 12
3. Andres Sczensny: 2 Wirthe, 2 Knechte, 1 Magd. 2 Söhne unter 12, 2 Töchter unter 12
David
4. Math.Sczesny: 2 Wirthe, 4 Söhne, 0 Töchter, 1 Sohn unter 12, 3 Töchter unter 12
5. Mich. Guttowskÿ: 2 Wirthe, 3 Söhne, 1 Tochter, 1 Magd 1 Tochter unter 12
Eleonora
PT Johbg 5 / 1781-1787
Seite 1198 7 Matthes Szesny 1 H, 19 M, 171 R
15 Mich: Guttowski 5 H, 19 M, 285 R
1788 11.23 (Proclamiert)
Der ehrsame Jüngling David Sczeshy aus Turowen, 21. Jahr, des verschiedenen köllmischen Wirthes in Turowen Andjes Sczesnj, jüngster Sohn / mit der verwittweten Frau Eleonora Chrystoczynin geb. Gutowski / des verstorbenen Fryc Christoscyn aus Groß-Keshel hinterbliene Wittwe, 22. Jahr alt und des Herrn Landgeschworenen Michael Guttowsjy / aus Turowen jüngste Tochter.
Proclamiert Dom 27. Festo 11 Nat d.c. (23. November) O Sonntag nach …………?
1787 ist am 25. Nov. ein Wilhelm Guttowski in Sdorren Pate von Anorta Ruchaynowa *19. Nov.,
1792 06.22 wird ein *Johann Chropan in Zdorren geboren, P. Jacob Chropan - ein Instmann (auf dem Hof des Aemilius?) - M. Anna Gotembiowna, Pate ist hier wieder Willhelm Guttowski
1792 06.24 wird eine Anorta Tomaszewski geboren, P. Joh. Tomaszewski M. Catharina Urbanowma, Patin u.a. ………? Catharina Guttowskin - s. 1793 (u. 1800)
1793 02.25 ist eine Catharina Guttowskiin in Sdorren Patin bei der Geburt eines Michael, Vater Johann Mazryceck, Mutter Catharina Ruchaynowa - möglicher Zusammenhang s. o. 1792 u.u. 1800
1792 03.02 wird in Groß Kessel ein Christian Sczesny geboren, P. David Sczesny, M. Eleonora Guttowscanka, Paten sind Köllmer Mich: Guttowski (der aus Grodzisko?) und Adam Skok (der erste Ehemann der ältesten Foltin-Tochter - oo 10.1793 sie heiratet später einen NN Pishowockÿ und ist Erbin beim Tot der Barbara) - und
1795 04.20 wird in Groß Kessel dem Christian Sczesny ein Schwesterchen, eine Eleonora geboren, P. David Sczesny, M. Eleon. Gutowscanka, Patin hier Maria Foltincanka (?), eines auch bei anderen Geburten rund um Gr. Kessel heiß begehrte Patin.
1796 (02.28) ist Juliana Guttowskin Patin bei Helenna (P.Barthel) Tomaszewski
1800 wird in Pietrzycken ein Michael geboren, P. Michael Pietrzyk, M. Cath. Guttowski
1812, am 15. Maerz, wird im "Verlassenschafts Inwentarii und eventualiter zur Anlegung der Erbtheilung über den Nachlaß des hierselbst ab intestato verstorbenen Landgeschworenen Emilius Guttowskÿ" der Köllmer Michael Guttowskÿ aus Grodzisko genannt, einerseits als Darlehensgeber (?), der jedenfalls noch 25 rt zu erhalten hat, andererseits dem noch 35 rt, 21 gr "vom väterlichen Erbtheil " zustehen. Dieser kann eigentlich nur ein (jüngerer ?) Bruder des Aemilius sein.
*1813 07.10 Justina Tochter des Joh. Ruchay und der Justina Gutowski in Sdorren - eine nahe Verwandte oder noch eine Schwester des Aemilius, die nach dem Tod des Aemilius 1811 in Sdorren auftaucht?
Das ergibt ein Bild von fünf Verwandten/Geschwistern des Aemilius
Wilhelm Guttowski,
Albrecht Gutowski
Catharina Guttowski,
Justina Gutowski
Juliana Guttowski - könnte die Mutter des Aemilius sein
Eleonora, heiratet in 2. Ehe einen David Sczesny, der dann Köllmer im nahen Groß Kessel ist.
In "Kl. Keshel" liegt die Wiese Maloni
Meine Hypothese: Mit dem, die clevere Schultzen- und Köllmer-Wittwe Barbara heiratenden Aemilius,
kommt fast der ganze Gutowski Clan mit nach Sdorren.
Wilhelm oder Albrecht pendelt und versorgt die 6,3 Huben köllmisch auf Turowen .
Nur Brüderchen Michael bleibt in Grodzisko und wartet, bis er seine hübsche Nichte, die Tochter des Bruders seiner verstorbenen Ehefrau Catharina Stasikowna heiraten kann.
1791-1803 / PT Johbg 7
Seite 166 Mich: Gutowsky *1729, der Vater des Aemilius lebt also noch, 2 H *
Seite 653 Albr: Gutowsky ol. Mich. ? ein jüngerer Bruder des Aemilius ? 5 H, 19 M 289 R *
Seite 651 Matth: Szesny 1 H, 19 M, 171 R
Seite 657 Außerhalb der Grenzen: Matth. Szesny 263 R
Albr: Gutowsky 257 R *
* Die Summe des gesamten Gutowski-Besitzes, 2 H + 5 H 19 M 289 R + 257 R , ist vor 1804 insgesamt größer als 6 H
Der alte Besitz des Michael Gutowski - 6 H - ist teilweise in Besitz des Albrecht Gutowski übergegenagen
Was Gegenstand vom "Theilungs-Rezeß vom 17. July 1804" war, lässt sich so nicht ermitteln.
Gemäß diesem "Theilungs-Rezeß vom 17. July 1804" sind dem Bruder (?) des Aemilius,
dem Köllmer Michael Gutowski aus Grodzisko 25 RT zu zahlen.
1812 wird der Besitz des †Aemilius u.a. mit 6,3 Huben köllmisch auf Thurowen angegeben
1801 / PT Johbg 8 / Grodzisko
Seite 170 Mich: Guttowsky 2 H
Tit XIV An Passivis und Schulden
1 dem Köllmer Jacob Krispin aus Jeglinnen *2 4 rt
2 den Bäckermeister Kruskaschen *3 Eheleute aus
Johannisburg den Rest der Erbtheile der
Kruskaschen Ehefrau mit 33 rt 30 gr
3 der Louise *4 abgeschiedenen Korsetz geborene Foltin
den Rest ihres Erbtheils 100 rt
4 dem Köllmer Johann Foltin gemäß Berechnung
vom 13 Obr 1810 167 rt 36 gr
5 an Zinsen vom 24 April
1803 bis dahin 1812 4 Prozent 28 rt 72 gr
6 dem Köllmer Michael Guttowskÿ *5 aus Grodzisko 25 rt
7 vom väterlichen Erbtheil 35 rt 21 gr
8 den Sczesnÿschen Erben *7 23 rt 21 gr
gemäß Theilungs Rezeß über den Nachlaß des Michael
Gutowskÿ *8 aus Thurowen vom 17 Julÿ 1804
Summa 642 rt 54 gr
*1 Am Todestag des George Aemilius Guttowskÿ, 06.03.1811, ist das Alter der Foltin-Kinder
Catharzyna 37 Jahre alt und schon seit 18 Jahren zum 2. Mal in Groß Kessel verheiratet,
Johanna 36 Jahre alt und schon 22 Jahre verheiratet (danach hat sie mit 14 Jahren geheiratet?),
Justina 33 Jahre alt und "in der Stadt" verheiratet,
die – nach diesem Dokument "abgeschiedene" - Lovisa/Louise Korsetz/Korsch mit 29 Jahren verheiratet und offensichtlich gerade "abgeschieden",
und der Erbe Johann mit 27 Jahren und seit 4 Jahren mit der Amalie Juliane Hassenstein verheiratet
und schon 2 Kindern, Amalie gerade 3 Jahre und Karoline 8 Monate alt sicher schon lange auf eigenem “Guth” -
Aber auf welchem “Guth” "residieren" der Johann Foltin ? - auf dem väterlichen 2 ¼ Huben Schultzen Grund
mit 1 alten Wohnhaus so baufällig und neu gebaut werden muß"
und die Aemilius-Sippschaft auf dem ebenfalls aus 2 ¼ Huben bestehenden köllmischen Grundstück, "welches mit einem mittelmäßigen Wohnhause, 2 Scheunen nebst Stall einem neuen Stall mit 3 Abtheilungen einem alten Stall nebst Abtheilungen einer Schaluppe nebst Stall, einem dabey stehenden Stall einer alten Schaluppe und einem Stall bebaut ist"?
Von den 5 Gutowskÿ-Kindern sind der Emilius 25 Jahre alt,
der Michael 24 Jahre alt,
die Eleonora 23 Jahre alt,
der Ludwich 19 Jahre alt
und die Wilhelmina - falls sie da noch lebte - 18 Jahre alt
- alle also im "im-arbeitsfähigen" Alter.
*2 Jakob Krispin ist möglicherweise der Vater der Catharina Krispin, späterer Ehefrau des Michael Gutowski,
1738 Jeglinen /Jeglinnen ab 1938 Wagenau, jetzt Jeglin, 6 km südlich von Sdorren
(ggr. 1539 als Freidorf mit 3 Hufen, Schule seit 1745 4,5 km nördlich von Johannisburg, Kirchspiel Johannisburg-Land)
Inzwischen gehe ich davon aus, dass die Catharina Krispin wie auch der Aemilius, aus Turowen kommt.
*3 Die Amalie Foltin, *15. 4. 1808, († 31.12.1862), 3. mittleres Kind von Johann Foltin und Amalie Julie Hassenstein, wird später in erster , kinderloser u. getrennter Ehe den Michael Kruska, *14. 8.1805, den Besitzer und Bäcker in Johannisburg, heiraten. Diese Kruskaschen Eheleute werden seine Eltern sein.
Aber hier geht es ja um die kruskasche Ehefrau geb. ?Sczesny?Gutowski? , die erbberechtigt ist
*4 Lovisa Foltin, oo1 Stramka oo2 Korsetz, in der "pollnischen" Stadt Serock wohnhaft,
zweitjüngstes Kind des Christian Foltin u. der Barbara Wikowsczankae *22.01.1782
*5 Dieser Michael Guttowski, ein jüngerer Bruder ("väterliches Erbtheil") des Aemilius? -
NB "Mich.Guttowski, Köllmer z.Grodzisko, Kirchsp. Kumilsko, will die Tochter des Bruders seiner † Ehefrau Catharina Stasikowna (Stasik) heiraten. Entsch Kbg., 4.6.1795, daß bes. Befreiung nicht nötig. (StAv.Kbg. EM 13b, 1.Fach, Trausachen)"
- Quelle QMS 1 G. S.518
*6 väterliches Erbtheil des Köllmers Michael Guttowski aus Grodzisko, also des jüngeren Bruders vom Aemilius? (Kredit-) Schuldner beim Michael einerseits oder noch nicht ausgezahltes väterliches Erbe? Das Erbe also verkauft?
*7 Die Mutter des George Aemilius ist vermutlich eine geb. Sczesny
1788 heiratet die Wittwe des verstorbenen Fryc Christoscyn aus Groß Kessel, Eleonora Chrystowienin, geb Guttowski, 22 Jahr alt, des Herrn Landgeschworenen Michael Guttowski aus Turowen jüngste Tochter -
den Jüngling David Sczesny, 21 J, des verstorbenen köllmischen Wirthes in Turowen Andrs Sczesrny jüngsten Sohn – diese Eleonora ist also die "Jüngste Tochter", die kleine Schwester des Aemilius
*8 Dieser Michael Gutowski ist mit Sicherheit der Vater des George Aemilius Guttowski
1812 Das Erbe der Wittwe Barbara
Die blaublümigte und blau-weiß-gestreifte Wittwe Barbara tritt 1812 erst einmal ein zweites reiches Erbe an.
Summa Summarum 1.814 rt 87 gr
Hiervon die Passiva ex Tit XIV mit 642 rt 54 -
so bleibt remi Verlaßenschafts Maße - 1172 rt 33 gr
Im Jahr 1784/1785 waren das beim Foltin Erbe (nur) 823 rt 62 gr
Mehr war nach Anzeige der Intereßenten nicht zu inventiren *1 Es wurde mit ihnen das Inventarum durchgegangen, sie fanden darüber nichts zu bemerken, und schließen folgenden Erbtheilungs Vergleich
*1 Synonym für inventieren, veraltet: erfinden, sich etwas ausdenken, kreieren
§ I
Die im Eingange dieser Verhandlung namentlich benannte Wittwe und Erben des hieselbst verstorbenen Landgeschworenen Emilius Guttowskÿ erkennen das vorstehende über seinen Nachlaß aufgenommene Inventarium für richtig und die Taxe dem Werth der Dinge für angemessen an, daher auch die Erben der Schichtgeberin den Schichteid erlassen.
§ II
Ferner erkennen die Intereßenten die Verlaßenschafts maße nach Abzug der Schulden
auf 1.172 rt 33 gr für richtig konstituirt an.
Hiervon bekommt Schichtgeberin zur
zur köllmischen Hälfte 586 rt 16 gr 9 Pfg
und die andere Hälfte bekommen die 3 Erben zum
Vatertheil und zwar
1 der Landgeschworene Emilius Guttowskÿ 195 rt 35 gr 9 Pfg
2 der Michael Guttowskÿ 195 - 35 - 9 –
3 die Eleonora Guttowskÿ 195 - 35 - 9 -
diese Berechnung erkennen Intereßenten für richtig
an, und sind damit zufrieden.
§ III
Die Erben zedieren *2 der Schichtgeberin den gantzen be- und unbeweglichen Nachlaß für die Taxe des Inventaru erb u. eigenthümlich.
*" ze|die|ren <lat.> (eine Forderung an einen Dritten abtreten)
§ IV
Die Erben lassen ihre Erbtheile beÿ der Schichtgeberin ohne Zinsen und Sicherheit stehen, diese ist verbunden sie statt der Zinsen mit allen Bedürfnissen zu unterhalten, auch ihnen die Erbtheile sobald sie es verlangen auszuzahlen.
§ V
Ferner ist Schichtgeberin verbunden die erbschaftliche Gläubiger zu befriedigen und die Erben vor ihren Ansprüchen sicher zu stellen.
§ VI
Die Kosten für die Regulierung des Nachlasses bezahlt die Schichtgeberin allein.
Ueber diesen Erbtheilungs Vergleich wollen Interessenten fest und unverbrüchlich halten, sie entsagen allem demselben etwa entgegenstehenden Einreden und Ausflüchten besonders der nicht hinlänglich belehrten rechtlichen Folgen der eingegangenen Bedingungen und haben zum Beweise dessen und dass diese Verhandlung überall ihre wahren und unwiderruflichen Willen erhalte, solche nach geschehener deutlichen Vorlesung mit den sich gewählten Beÿständen nachstehend eigenhändig unterzeichnet.
welches sowie die Identität und diespositionsfähigkeit der Intereßenten hiemit bescheinigt und die Verhandlung den 7 Maerz 1812 geschlossen wird.
3 Unterschriften
Meschelt ? Stabbert Pesharra
Vorstehender über den Nachlaß des zu Sdorren verstorbenen Landgeschworenen Emilius Guttowskÿ von seiner Wittwe und Erben geschloßenen Erbtheilungs Vergleich wird mit Vorbehalt der Rechte jedes Dritten dagegen gerichtlich bestätigt
Die clevere blaublümigte, weißblau gestreifte 3xUr-Oma Barbara - Kapitel III
und ihr Sohn Michael
oder Das hohe Lied einer intakten, begüterten Familie
Actum Johannisburg den 17 Maerz 1822
Zuvörderst wird bemerkt daß Erblaßerin ein gerichtlich deponiertes unterm 6 tn Januar 1821 eröffnetes Testament hinterlaßen und darin verordnet hat:
daß ihr Sohn Zweiter Ehe, der gegenwärtige Michael Guttowskÿ ihren gesamten Nachlaß, nichts davon ausgenommen, für die Taxe des Inventarii vom 5. Maerz 1812 über den Nachlass ihres zweiten Ehegatten Emilius Guttowskÿ erhalten, und nur die in dem Erbtheilungs Rezeß vom 10. Maerz 1812 ihre bestimmte köllmische Hälfte mit seinen Geschwistern theilen soll.
Nur drei XXX kann die clevere - inzwischen 68 Jahre alt gewordene - Barbara unter Dokumente setzen, aber das soll bei ihr nicht geschehen, dass sie als Schichtgeberin ab intestato verstirbt. Sie hat zwei Ehemänner überlebt, 4 Kinder aus der ersten Ehe und zwei aus der zweiten Ehe, da ihr ältester Sohn zweiter Ehe Emilius Gutowskÿ aber vor ihr in einem unverheiratheten Stande verstorben ist *1 und die beiden Nesthäkchen Carl Ludwich *1792 und Wilhelmina *1793 - hier im Jahr 1822 gar nicht mehr erwähnt - im Kindesalter verstorben sein müssen. Nun will sie, die noch über weitere 10 Jahre das “Guth” verantwortlich geführt hat, ihre Nachfolge gerecht und genauestens geregelt wissen. Ihr zweiter Sohn aus zweiter Ehe Michael ist ihr der Garant dafür, dass das von den Vätern Ererbte in deren Sinn erhalten bleibt und weitergeführt wird.
Erschienen bzw. ausgeblieben sind - in Altersreihenfolge -
o (1) die älteste, im Jahr 1774 geborene Foltin-Tochter, Catharina, 48 Jahre alt, in 2. Ehe verheiratete Pishowockÿ *2 aus Groß Kessel
o (3 b) Johanna, die um 1775 geborene, zweite Foltin-Tochter, muss kurz zuvor verstorben sein. Ihr Ehemann, der Köllmer Raphael Skrobucha, der die beiden Enkel der Barbara, Wilhelmine und Carl Skrobucha vertritt, ist ausgeblieben.
o 2) die dritte 1778 geborene Foltin-Tochter, Justina, 44 Jahre alt, im Beistande ihres Ehemannes des hiesigen Bürgers *3 Gottlieb Gardeng
o (7) die vierte, 1782 geborene Foltin-Tochter, Louisa Korsch, verehelichte Stramka, 40 Jahre alt, aus der pollnischen Stadt Serock war ebenfalls abwesend
o 3) der kurz nach dem Tode seines Vaters, 1784 geborene Köllmer Johann Foltin, seit 15 Jahren verheiratet mit (der 4xUrgroßmutter mütterlicherseits) Amalie, Juliane Hassenstein und mit 4 Kindern zwischen 14 und 7 Jahren
o (4) der 1787 geborene zweite Gutowski-Sohn, Michael, 35 Jahre alt, Haupterbe des Besitzes nach dem Willen der cleveren Barbara
o (5) die 1789 geborene Gutowski-Tochter, Eleonora, 33 Jahre alt, seit 6 Jahren verheiratet mit dem Soldat, späteren Schulz und dann Vormund der 9 Jahre später verwaisten Michael Gutowski-Kinder
"Dieses sind sämtliche Erben." Sollte es Streit geben, hat sie auch vorgesorgt
Sie ferner verordnet, daß wenn ihre übrigen Kinder obige Disposition anfechten und es erlangen sollten daß Behufs der Ausmittelung ihres mütterlichen Erbtheils die Inventur und Taxe des Nachlaßes stattfinden, und Ihr Sohn Michael Gutowskÿ den Nachlaß nicht für die angeführte Taxe erhalte als denn ihre übrigen Kinder zu Gunsten des Michael Guttowskÿ’s auf ihren Pflichttheil beschränkt seyn sollten.
*1 die beiden letztgeborenen Kinder, Carl Ludwich und Wilhelmina Friderika, *1792 und 1793 sind offensichtlich schon sehr bald als Kinder gestorben. In den "Verlassenschafts inwentarii" des Aemilius Guttowskÿ 1811/12 werden sie überhaupt nicht erwähnt.
*2 die Schreibweise "sh" in vielen alten Dokumenten steht für unser "ß"
*3 also aus Johannisburg
Es gab aber keinen Streit - nur einen für eine intakte Familie vorbildlichen Vorbehalt, die ausgebliebenen Familienmitglieder betreffend:
"Die anwesenden Erben erklären ausdrücklich: daß sie die angeführte letztwillige Disposition ihrer Mutter ehren und es beÿ der Festsetzung, daß der Michael Gutowskÿ den Nachlaß für die angeführte Inventarientaxe erhalten solle bewenden laßen wollen, wogegen den ausgebliebenen Intereßenten ihre Recht vorbehalten blieben."
Es bleibt für mich aber die alte bisher noch unbeantwortete Frage nach dem großen Turower Besitz des Aemilius und der Praxis seiner Bewirtschaftung von Sdorren aus, denn in § 1 heißt es:
$ 1
der Erbe Michael Gutowskÿ übernimmt den gesamten Nachlaß für die Taxe des Inventarii vom 5 ten Maerz 1812 über den Nachlaß seines Vaters erb und eigenthümlich
und in § 3:
"Michael Gutowskÿ ist verbunden seine Miterben für die Bezahlung der zum väterlichen Nachlaß gehörigen Schulden ( welche seiner Versicherung nach bereits bezahlt sind ) einzustehen indem sämtliche Erben die Erbschaft ohne Vorbehalt antreten."
Alle Erbschulden vom Jahr 1812 sind also schon längst bezahlt und das Erbe schuldenfrei. Auch mit seinem Stief-/Halbbruder Johann (Jan) Foltin gibt es einen gütlichen Vergleich über die Teilung der "Wiese Maloni".
Ein Jahr später, am 8ten September 1823, wird dem Michael Guttowskÿ und seiner - hier zum ersten Mal genannten *1 - Ehefrau Catharina geborene Krispin in einer "Hypotheken Sache" *2
die Schuldenfreiheit bestätigt und noch einmal in kurzer Form sein Besitz aufgelistet.
Darin wird nur "nach Ausweis der General Hypotheken Akten von Sdorren" aufgelistet;
von Turowen ist hier keine Rede mehr.
a eine Grundfläche von 152 Morgen 143 Ruthen preußischen Maaßes
b 45 Morgen 49 Ruthen preuß. Maaßes Wiesen Maloni *3 genannt, hiervon ist die
Hälfte abgetrennt und zum Zinsgute Sdorren No. 7 *4 geschlagen
mithin sind bey diesem Gute 22 Morgen 114 ½ Ruthen preußischen Maaßes
Spirdingswerder genannt
c 33 Morgen 172 Ruthen preuß. Maaßes Zins Land
d 159 Morgen 101 Ruthen preuß. Maaßes Antheil an den Uebermaaßlandereyen
des ganzen Dorfs
e 19 Morgen 121 Ruthen preuß. Maaßes Antheil an den erblichen Wilkuswiesen
welches die ganze Dorfschaft in der Gemeinheit besitzt
f auf dem Grund der Erbverschreibung vom 16 ten October 1782 das Recht zum
Bier und Brandwein=Schank.
Sonstige Gerechtigkeiten und Partinenzien gehören zu dem Gute nicht, von dem selben ist außer dem vorbemerkten Wiesen nichts abgetrennt.
*1 Geburtsdatum und Geburtsort der Catharina Krispin sind bisher noch nicht eindeutig gefunden
ebenso nicht das Hochzeitsdatum
eine Vermutung deutet auf eine Turower Maczk Krispin-Familie in Turowen - s. unten
*2 sie sind dem Unterzeichneten von Person auch irer dispositions fähig bekannt,
da sie nur der pollnischen Sprache gewachsen sind, so wurde unter Zuziehung des vereidigten pollnischen Dollmetschers Registrator Raphael mit ihnen die Grund Akten durch gegangen und nachstehende Hypotheken=Einrichtungs Protokoll aufgenommen.
*3 s. 1822 †Barbara Gutowskÿ (2) 295/4462 S.74 a (9) " …… die Wittwe (Schreibfehler?) Wiesen (?) Maloni ein Theil der in der Praestationstabelle aufgeführten Wiese Glembowo welche bey kl. Keshel belegen ist ………
Diese Wiese Maloni genannt soll eine Hufe welche beÿ Kl. Keshel belegen ist - soll eine Hufe groß seÿn jedoch wißen Guttowskÿ und Foltin
*4 dies entspricht dem o. e. Vergleich mit dem Stiefbruder Johann (Jan) Foltin
In dieser "Hypotheken Sache" des Michael Gutowski und seiner Ehefrau Catharina geborene Krispin vom Jahr 1823 werden noch einmal zusammenfassend alle Erbvergleiche seit 1771 aufgeführt. Daran ist einerseits die "Wertsteigerung" des Besitzes "Sdorren No 2" bis zum Tode des Aemilius im Jahr 1811 - inclusive (!) der Besitztümer in Turowen – abzulesen, andererseits der absolut gleiche "Wert" im Jahr 1820 bei der Übernahme durch den Michael Guttowskÿ.
Rubrika 1
Vor 44 Jahren besaß dieses Guth der Christian Foltin, er hatte es nach dem Ableben seines Vaters Paul Foltin gemäß Erbvergleich vom 28. Februar 1771
für 225 rTh
auf sein Erbtheil angenommen.
Dieser starb nach Ausweis der Akten über seinen Nachlass im Jahre 1784. Seine Wittwe Barbara geboren Wikowskÿ nahm gemäß Erbtheilungs Vergleich vom 3. Maerz 1786 das Guth
für 428 rTh 20 Sgr.
auf ihre köllmische Hälfthe an und heirathete darauf den Emilius Guttowskÿ.
Dieser starb nach Ausweis der Akten über seinen Nachlaß den 6 Maerz 1811 seine vorgenannte Wittwe blieb wiederum gemäß Erbrezeß vom 5 tn Maerz 1812 im Besitz des Guthes
für 954 rTh 15 Sgr.
Sie starb nach Ausweis der Akten über ihren Nachlass im Jahre 1820,
bey Regulierung ihres Nachlasses übernahm das Gut gemäß Erbtheilungs Vergleich vom 27 tn Maerz pr. der Michael Guttowskÿ
für 954 sTh 15 Sgr
auf seinen Erbtheil. Dieser ist der jetzige Besitzer
Rubrika 2
zur hiesigen Königl. Kreis Kasse sind jährlich an Grundsteuer zu zahlen
a Contribution 14 sTh 22 Sgr 1 Pfg
b Domainen Zins 1 = 9 = 11 ≠
Summa 16 sTh 18 Sgr 6 Pfg
d vom Zins Lande 1 = 7 = 6 =
Summa 17 sTl 26 Sgr.
Sonstige Lasten und Verpflichtungen haften auf dem Gute nicht.
Rubrika 3
Da aus den Grund Akten sich keine Hypotheken - Schulden ergeben, die Geschwister Foltin sich der Eintragung ihrer Erbgelder begeben haben, so dürfte hier nichts einzutragen seÿn.
…… versichern feierlichst an Eides statt, dass sie keine Hypotheken Schulden über oder neu aufgenommen haben, obgleich ihnen bedeutet wurde, dass wenn sie vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit dergleichen Schulden verschwiegen, sie wegen Betruges zur Kriminel Untersuchung werden gezogen und bestraft werden.
Die Gebäude sind auf 210 sTl bey der Landfeuer Lasten Gesellschaft versichert
Es wäre wunderbar, wenn dies harmonische Bild zweier begüterter Familien über zwei Väter-Generationen hinweg und mit einer alles integrierenden Mutter so auch weiter erhalten bliebe.
Es sieht aber nach oberflächlicher Durchsicht der Dokumente doch so aus, dass acht Jahre später, bald nach dem frühen Tod des Michael im Jahr 1831, dieses Bild zunächst kaum merkbare Risse bekommt.